Auslandsarbeitsverhältnis und Betriebsübergang auf einen neuen Arbeitgeber

Kann ein Arbeitnehmer verlangen, im Ausland weiterbeschäftigt zu werden, wenn sein Arbeitsverhältnis inzwischen auf einen neuen Arbeitgeber übergegangen ist?

Der klagende Arbeitnehmer war bei einer deutschen Erdölraffinerie beschäftigt und aufgrund eines Entsendungsvertrages für 4 Jahre nach Libyen entsandt worden. Zwischenzeitlich veräußerte der Arbeitgeber die Erdölraffinerie an eine andere Gesellschaft. Daraufhin teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, die Entsendung nach Libyen ende und sein Arbeitsverhältnis mit der Erdölraffinerie lebe wieder auf.

Der Arbeitnehmer kehrte nach Deutschland zurück und nahm seine Tätigkeit in der Raffinerie wieder auf. Der Arbeitnehmer erhob Klage. Er trug vor dem Arbeitsgericht vor, für ihn bestehe in Libyen weiterhin eine Beschäftigungsmöglichkeit. Im übrigen sei ihm zugesagt worden, ihn länger als 4 Jahre in Libyen zu beschäftigen. Der Arbeitgeber meinte, das Arbeitsverhältnis sei zwischenzeitlich auf eine andere Gesellschaft übergegangen. Deshalb bestehe nur ein Arbeitsverhältnis mit der neuen Gesellschaft.

Wie würden Sie entscheiden?

Hat der Arbeitnehmer ein Recht, weiterhin in Libyen beschäftigt zu werden, und wer ist überhaupt sein Arbeitgeber?

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers aufgrund eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB auf die neue Gesellschaft übergegangen ist. Denn mit dem Verkauf der Erdölraffinerie sei auch das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers auf den Betriebserwerber übergegangen.

Der Arbeitnehmer sollte nur für einen vorübergehenden Zeitraum in Libyen eingesetzt werden. Deshalb war er weiterhin dem deutschen Inlandsbetrieb zuzuordnen. Das Arbeitsverhältnis war während der Entsendung auf den Betriebserwerber übergegangen. Der Betriebsübergang hatte zur Folge, daß das Arbeitsverhältnis mit dem (alten) Arbeitgeber nicht mehr bestand. Der Betriebsinhaberwechsel führt nämlich zu einem Wechsel des Vertragspartners auf Arbeitgeberseite. Der Betriebsveräußerer scheidet aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der Betriebserwerber tritt an dessen Stelle in die arbeitsvertraglichen Beziehungen zum Arbeitnehmer ein. Das Arbeitsverhältnis geht mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten über, also im vorliegenden Fall in der Form des Arbeits- und Entsendevertrages.

Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers begründete der Entsendevertrag kein zweites Arbeitsverhältnis. Er modifiziert lediglich das bestehende Arbeitsverhältnis. Dem stand auch nicht entgegen, daß die Parteien geregelt hatten, daß die Entsendevereinbarung „an die Stelle des Dienstvertrages mit der Erdölraffinerie“ tritt und für diesen Zeitraum der Dienstvertrag mit der Erdölraffinerie „ruht“. Das Landesarbeitsgericht Hessen stellte hierzu fest, die Parteien hätten nur klarstellen wollen, daß die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sich für die Zeit der Entsendung nach der Entsendevereinbarung richten sollten.

Weil nach alledem zwischen dem (alten) Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer kein Arbeitsverhältnis mehr bestand, war auch das Weiterbeschäftigungsbegehren des Arbeitnehmers beim alten Arbeitgeber nicht begründet. Sämtliche arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien waren aufgrund des Betriebsübergangs auf die neue Gesellschaft übergegangen. Für etwaige Ansprüche auf Verlängerung der Entsendevereinbarung ist also der neue Arbeitgeber der richtige Ansprechpartner. Die Klage des Arbeitnehmers wurde folglich vom Hessischen Landesarbeitsgericht abgewiesen (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 15.03.2004, Az.: 16 Sa 1377/03).

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