Kündigungsgrund Minderleistung

 

Ist die Minderleistung ein Grund zur Kündigung?

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich in letzter Zeit mit der Frage zu befassen, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer zu kündigen, weil dieser wesentlich weniger leistete als vergleichbare Arbeitnehmer.

In diesen Fällen kommt sowohl eine verhaltensbedingte als auch eine personenbedingte Kündigung in Betracht.

Bei dem ersten vom BAG entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber einem Mitarbeiter gekündigt, weil dieser trotz zweimaliger vorangegangener Abmahnungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg weniger als 50 % der Leistungen anderer vergleichbarer Mitarbeiter erbracht hatte und mit einer Besserung seiner Leistungen nicht zu rechnen war.

Dem zweiten vom BAG entschiedenen Fall lag ebenfalls eine ordentliche Kündigung wegen Minderleistung zugrunde. Der Arbeitnehmer war als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Ihm war gekündigt worden, weil er bis zur Kündigung keinen einzigen Auftrag akquiriert hatte.

Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen

Bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen kommt es darauf an, ob dem Arbeitnehmer eine vertragswidrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis vorgeworfen werden kann. Ob eine Pflichtverletzung (Schlechtleistung) vorliegt, beurteilt sich nach dem Arbeitsvertrag. Maßgebend ist einerseits die vereinbarte Tätigkeit und andererseits das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. „Der Arbeitnehmer muß tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann“. Die Leistungspflicht ist nicht starr, sondern orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Es gibt keine „objektive Normalleistung“. Allerdings darf der Arbeitnehmer seine Leistung nicht frei bestimmen. Er muß vielmehr seine Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Wenn er unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, dann muß dies nicht heißen, daß er seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft. Andererseits ist das deutliche und längerfristige Unterschreiten des Mittelwertes, den andere vergleichbare Arbeitnehmer erreichen, für den Arbeitgeber oft der einzige erkennbare Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft.

Das BAG meint, daß eine Minderleistung von mehr als 1/3 nicht mehr hinnehmbar sei. Es läge dann eine Störung von Leistung und Gegenleistung vor, die den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen könne. Es sei dann Sache des Arbeitnehmers, im Prozeß darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausgeschöpft habe (z.B. altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigung durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände). Der Arbeitgeber sei dann aufgefordert, diese Umstände zu widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer jedoch derartige Umstände nicht vor, gelte das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden. Es sei dann davon auszugehen, daß der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpfe. In diesem Fall ist eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam.

Kündigung aus personenbedingten Gründen

Die Kündigung kann ggf. (auch) aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer ganz (oder teilweise) nicht mehr in der Lage ist, seine vertraglichen Arbeitsleistungen zu erbringen und die Gründe hierfür in seiner Sphäre liegen. Es liegt dann eine Störung des Austauschverhältnisses vor, also eine Störung von Leistung (Arbeitsleistung) und Gegenleistung (Zahlung der Vergütung). Es kommt dann darauf an, ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in einem Maße unterschreitet, daß dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag unzumutbar wird. Zudem muß der Arbeitgeber davon ausgehen dürfen, daß auch in Zukunft nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen ist und kein milderes Mittel als das der Kündigung zur Verfügung steht. Als milderes Mittel kommt eine Beschäftigung zu geänderten Vertragsbedingungen unter Umständen auch eine Herabsetzung der Vergütung in Betracht.

Anwendung dieser Grundsätze

Bei der Kündigung des Außendienstmitarbeiters hat das BAG entschieden, daß die Kündigung aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt war. Der Arbeitgeber durfte zurecht davon ausgehen, daß der Außendienstmitarbeiter persönlich ungeeignet war, derartige Geschäfte für den Arbeitgeber zu akquirieren. Er durfte auch davon ausgehen, daß die Erfolglosigkeit des Außendienstmitarbeiters anhalten würde. Die Kündigung war daher wirksam.

Bei der Kündigung des anderen Mitarbeiters, der weniger als 50 % der Leistungen vergleichbarer Mitarbeiter erbrachte, wies das BAG den Fall an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses hat die näheren Umstände des Falles aufzuklären. Das BAG bemerkte allerdings abschließend, es spreche viel dafür, daß hier durch die länger anhaltende erhebliche unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers eine schwerwiegende Störung des Arbeitsvertrages vorliege. Ob für die Zukunft mit Minderleistungen zu rechnen sei, könne bisher nicht beurteilt werden. Hierzu müßten die Parteien des Arbeitsverhältnisses noch näher vortragen.

Fazit: Ein Arbeitnehmer muß bei dauerhaften erheblichen Minderleistungen damit rechnen, daß sein Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Ob die Kündigung wirksam ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Die Kündigung kann – je nachdem – verhaltens- oder personenbedingte Gründe haben. Der Arbeitgeber muß im Prozeß die Minderleistung vortragen. Der Arbeitnehmer muß dann erläutern, warum er trotz unterdurchschnittlicher Leistung seine Leistungsfähigkeit ausgeschöpft hat und daß in Zukunft mit einer Besserung zu rechnen ist. Bei einer personenbedingten Kündigung wegen Minderleistung kommt es nur darauf an, ob die Arbeitsleistung die Erwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, daß ihm ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag unzumutbar wird. (vgl. BAG, Urteil vom 03.06.2004 – 2 AZR 386/03 und BAG, Urteil vom 11.12.2003 – 2 AZR 667/02)

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