Pauschalabgeltung von Überstunden bei Leistung höherer Dienste

Die Pauschalabgeltung von Überstunden bei Leistung höherer Dienste

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einer neueren Entscheidung grundsätzlich zur Vergütung von Überstunden geäußert (vgl. BAG, Urteil vom 17.08.2011, Az.: 5 AZR 406/10).

Anlass war der Fall eines angestellten Rechtsanwalts, der über mehrere Jahre hinweg eine Vielzahl von Überstunden geleistet hatte. Nachdem sein Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, klagte er 930 Überstunden ein.

Das BAG wies die Klage ab. Der Rechtsanwalt hatte keinen Anspruch auf die Vergütung seiner Überstunden.

Die pauschale Abgeltung aller Überstunden im Arbeitsvertrag ist grundsätzlich unwirksam

Die Vereinbarung im Arbeitsvertrag, wonach mit der Bruttovergütung alle Überstunden pauschal abgegolten seien, war allerdings unwirksam. Bei der Regelung im Arbeitsvertrag handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Diese unterliegen der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach sind Allgemeine Geschäftsbedingungen dann unwirksam, wenn sich eine unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Regelung ergibt. Denn der Arbeitgeber muss einen Arbeitsvertrag so formulieren, dass die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner klar und präzise umschrieben werden.

Eine pauschale Vergütung von Überstunden ist aber nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistung in welchem zeitlichen Umfang erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung erbringen muss.

Da der Arbeitsvertrag weder eine positive noch eine negative Regelung zur Vergütung von Überstunden enthält, konnte der angestellte Rechtsanwalt aus dem Arbeitsvertrag selbst keinen Vergütungsanspruch herleiten.

Die Hoffnung, als Partner der Anwaltskanzlei aufgenommen zu werden, begründet keinen Anspruch auf Überstundenvergütung.

Der vorliegende Fall hatte allerdings eine Besonderheit. Denn der Rechtsanwalt hatte die Überstunden deshalb geleistet, weil er die Hoffnung hatte, eines Tages als Partner der Anwaltssozietät aufgenommen zu werden.

Er berief sich deshalb auf § 612 Abs. 1 BGB. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Allerdings gibt es keinen Rechtsgrundsatz, wonach jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus immer auch zu vergüten sei. Dies treffe gerade bei Diensten höherer Art zu.

Kein Anspruch aus Tarifvertrag oder Verkehrsanschauung

Ansprüche auf die Vergütung von Überstunden könnten sich daraus ergeben, dass in dem betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die die Vergütung von Überstunden vorsehen. Der angestellte Rechtsanwalt konnte sich auf einen solchen Tarifvertrag aber nicht berufen. Nach Auffassung des BAG gibt es auch keine allgemeine Verkehrsanschauung, wonach angestellten Rechtsanwälten Überstunden grundsätzlich zu bezahlen seien.

Die bloße Hoffnung des Anwalts, wenn er Überstunden leiste, fördere er damit seine Aufnahme in die Partnerschaft, begründe keinen Anspruch auf Bezahlung der Überstunden. Der Anwalt habe insofern „auf eigenes Risiko“ gehandelt und gearbeitet.

Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Anwaltskanzlei die Leistung von Überstunden nicht mit der angestrebten Partnerschaft verknüpft oder zur Bedingung gemacht habe.

Fazit

Im mittleren und höheren Management, im Außendienst und grundsätzlich bei der „Leistung höherer Dienste“ gibt es keinen Rechtsgrundsatz, wonach Mehrarbeit gesondert zu vergüten ist.

Denn die wesentlich höhere Vergütung deckt auch die erwartete Mehrarbeitsleistung mit ab.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Weilheim. Alle vom Autor bisher erschienenen Artikel zu aktuellen arbeitsrechtlichen Themen können im Internet auf der Homepage des Autors unter www.fachanwalt-arbeitsrecht.de kostenlos abgerufen werden.

 

Rechtsanwalt

Hans-Georg Rumke

Münchener Straße 8

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