Schadenersatz bei nicht geschlechtsneutraler Stellenausschreibung

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Sie brauchen nur auf die richtige Stellenanzeige zu antworten. Bewerben Sie sich als Mann auf eine Anzeige, in der z.B. ein Sekretärin, Verkäuferin oder Köchin gesucht wird oder als Frau auf eine Anzeige als Monteur, Metzger oder Montagearbeiter. Ihre Bewerbung wird abgelehnt. Sie klagen auf Schadenersatz wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung nach § 611 a BGB und bekommen Recht.

Ein cleverer Jurastudent hatte sich auf eine Stellenanzeige beworben, in der eine Immobilienfirma eine Vertriebsassistentin gesucht hatte, die „mit Chaoten zurechtkommt, mit wenig Lob zufrieden und auch zum Kaffeekochen bereit ist“. Seine Bewerbung wurde nicht beantwortet. Nachdem er mit großer Freude erfahren hatte, daß die ausgeschriebene Stelle – wie angegeben – mit einer Assistentin besetzt wurde, klagte er vor dem Hamburger Arbeitsgericht auf Entschädigung von dreieinhalb Gehältern. Er sei aufgrund seines Geschlechts diskriminiert worden. Die Immobilienfirma habe ihre Stellenausschreibung nicht geschlechtsneutral formuliert und offensichtlich nur Frauen ansprechen wollen. Die Richter gaben ihm Recht und sprachen ihm letztendlich eine Entschädigung in Höhe von DM 13.000,– zu, nachdem zuvor der Europäische Gerichtshof (EuGH) angerufen worden war. Der EuGH hatte in seinem Urteil vom 22.04.1997 (AZ: Rs C-180/95) zwischenzeitlich festgestellt, daß die deutsche Regelung einer Entschädigung wegen des geschlechtsspezifischen Benachteiligungsverbots in Höhe von bis zu drei Monatsverdiensten (§ 611 a Abs. 2 BGB) nicht hoch genug sei und gegen europäisches Recht verstoße.

Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die zu besetzende Position erhalten hätte.

Die im deutschen Recht geltende Obergrenze von drei Monatsverdiensten sei als Abschreckung zu niedrig. Es müsse dem Arbeitgeber eine erhebliche und finanziell spürbare Belastung auferlegt werden.

Nicht beanstandet hat der EuGH die deutsche Schadenersatz-Höchstgrenze von bis zu drei Monatsverdiensten wenn der Bewerber die Stelle wegen mangelnder Qualifikation sowieso nicht erhalten hätte. Die Beweislast liegt hier beim Arbeitgeber.

Die Entscheidungen sind in der juristischen Literatur zu Recht kritisiert worden. Hatte der Jurastudent überhaupt einen Schaden? Sind drei Monatsver- dienste als Schadenersatz wirklich nicht hoch genug? Kommt es dem Europäischen Gerichtshof darauf an eine möglichst hohe Abschreckung zu erzielen um geschlechtsneutrale Stellenanzeigen europaweit zu erzwingen?

Die Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers ist nach Auffassung des EuGH – nach oben nicht begrenzt. Nicht auszudenken, wenn zukünftig alle abgewiesenen Bewerber auf die Idee kommen sollten, sich ihre Ablehnung anschließend finanziell vergolden zu lassen Jedem Arbeitgeber kann daher nur empfohlen werden seine Stellenanzeigen zukünftig geschlechtsneutral zu formulieren. Arbeitsplatzbeschaffung statt.

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