Wann ist es für einen Arbeitgeber unzumutbar, einen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in letzter Instanz entschieden, dass es dem Arbeitgeber unter bestimmten Umständen unzumutbar ist, einen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen.

Es war ein krasser Fall:

Der Arbeitnehmer war zuletzt Leiter für Buchhaltung/Finanzen/Personal tätig. Er hatte von dem Firmenkonto auf sein eigenes Privatkonto mehr als Euro 280.000 überwiesen, also unterschlagen. Der Arbeitgeber hatte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt. Diese Kündigung war unwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden war. Nach Ausspruch der Kündigung stellte der Arbeitgeber weitere unberechtigte Überweisungen auf ein Konto des Arbeitnehmers fest und kündigte erneut fristlos. Auch diese Kündigung war unwirksam, da der Betriebsrat wiederum nicht ordnungsgemäß angehört worden war. Daraufhin erstattete der Arbeitgeber Strafanzeige gegen den Kläger. Ihm wurden 74 Taten zum Nachteil des Arbeitgebers zur Last gelegt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber erneut außerordentlich fristlos. Auch diese Kündigung war unwirksam, weil die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs.2 BGB nicht eingehalten worden war. Der Kläger wurde schließlich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber erneut fristlos. Die erhobene Kündigungsschutzklage wurde schließlich abgewiesen. Die letzte Kündigung war also rechtswirksam.
Der Arbeitnehmer machte nunmehr Lohnansprüche für mehrere Jahre –bis zur letzten endlich wirksamen Kündigung- geltend.
Er verlor in allen Instanzen. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass der Kläger kein Anspruch auf Vergütung zustehe, weil es dem Arbeitgeber unzumutbar gewesen sei, ihn weiterhin zu beschäftigen.

Zur Begründung führte das Bundesarbeitsgericht aus: Ein Arbeitgeber komme trotz Nichtannahme der Arbeitsleistung nicht in Annahmeverzug, wenn sich der Arbeitnehmer so verhält, dass der Arbeitgeber nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Leistung zu Recht ablehne. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn strafrechtlich geschützte Interessen des Arbeitgebers gefährdet seien. Die Abwehr dieser Gefährdung habe Vorrang vor dem Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Verdienstes. Es kommt –wie immer- auf die konkreten Umstände an. Dabei seien die Gepflogenheiten des Arbeitslebens zu berücksichtigen. Nicht jede in der Erregung gesprochene Beleidigung des Arbeitgebers, nicht jedes böse Wort, nicht jede Robustheit des Arbeitnehmers lasse das Leistungsangebot treuwidrig erscheinen. Ort und Zeit des Vorfalls sowie das Betriebsklima spielten eine erhebliche Rolle. Es müsse ein so ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Verhaltenspflichten vorliegen, der den Arbeitgeber schlechterdings berechtige, die Dienste des Arbeitnehmers abzulehnen. Im konkreten Fall habe es sich nicht um ein einmaliges Delikt der Untreue zulasten des Arbeitgebers gehandelt, sondern der Arbeitnehmer habe über Jahre hinweg immer wieder mit großem Bedacht verdeckt diverse Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers begangen. Er habe dadurch jeder Einsicht in das für einen Leiter Buchhaltung/Finanzen/Personal gebotene Mindestmaß vertragsgemäßen Verhaltens vermissen lassen. Jeder Tag einer weiteren Beschäftigung hätte die nicht unerhebliche Gefährdung des Kontostandes und damit des Vermögens des Arbeitgebers zur Folge gehabt. (vgl. BAG Urteil. V. 16.04.2014, Az.: 5 AZR 739/11).

Dem ist ohne weiteres zuzustimmen!

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