Weisungsrecht des Arbeitgebers

A.

 

Inhalt und Umfang des Weisungsrechts

Der Arbeitsvertrag bestimmt, welche Arbeitsleistung der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen kann. Regelmäßig wird die Leistungspflicht aber nur schlagwortartig umschrieben, etwa mit dem Berufsbild Maschinenschlosser, Lackierer, Bankkaufmann, Außendienstmitarbeiter etc. Nicht selten heißt es auch nur lapidar Mitarbeiter.

Das Weisungs- oder auch Direktionsrecht gibt dem Arbeitgeber das Recht, die Arbeitsbedingungen näher zu bestimmen. Er darf durch einseitige Weisungen Ort und Inhalt sowie die Art und Weise der zu leistenden Arbeit bestimmen. Das Weisungsrecht kann sich aber auch auf die Rahmenbedingungen erstrecken. Der Arbeitgeber darf z. B. verlangen, dass alle Mitarbeiter einer Fast-Food-Kette die gleiche Arbeitskleidung tragen, damit sie sofort als solche erkennbar sind. Von einem Bankangestellten mit Kundenkontakt darf z. B. verlangt werden, dass dieser im (dunklen) Anzug und Krawatte seinen Dienst tut.

Das Weisungsrecht betrifft auch die Arbeitszeit und die Pausenregelung. Der Arbeitgeber wird also Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Pausen festlegen, auch den Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft.

Schließlich darf der Arbeitgeber auch den Arbeitsort einseitig bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsort häufig wechselt, etwa bei Bauarbeitern oder Monteuren.

B.

 

Grenzen des Weisungsrechts

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers muss sich allerdings an höherrangiges Recht orientieren. Es wird begrenzt durch den Arbeitsvertrag, die Betriebsvereinbarung, den Tarifvertrag und muss sich ganz allgemein an Gesetz und Verfassung halten.

Zunächst begrenzt der Arbeitsvertrag das Weisungsrecht. Je konkreter die Tätigkeit im Arbeitsvertrag umschrieben ist, umso geringer ist das Weisungsrecht. Ist der Arbeitnehmer als „Bilanzbuchhalter“ eingestellt, ist er nur verpflichtet, Aufgaben zu erledigen, die als bilanzbuchhalterische Aufgaben umschrieben werden können. Steht im Arbeitsvertrag „Buchhalter“, ist der Arbeitnehmer zu allen buchhalterischen Tätigkeiten verpflichtet. Keine Verpflichtung besteht, unterwertige Tätigkeiten auszuüben. So ist ein kaufmännischer Angestellter z. B. nicht verpflichtet, das Büro zu reinigen. Ist die Tätigkeit im Arbeitsvertrag nicht konkret umschrieben, kann dem Arbeitnehmer jede Tätigkeit übertragen werden, die der Vergütungsgruppe entspricht. Allerdings kann sich auch durch eine langjährige Tätigkeit auf einen bestimmten Arbeitsplatz die Arbeitspflicht auf diese Tätigkeit konkretisiert haben. Dies hat zur Folge, dass dann eine andere Tätigkeit nicht mehr kraft Weisungsrecht zugewiesen werden kann. Hier kommt es auf den Einzelfall an.

Enthält der Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel, kann der Arbeitnehmer auf einem anderen – zumutbaren und gleichwertigen – Arbeitsplatz versetzt werden. Ansonsten muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen.

Aufgrund des Weisungsrechts kann der Arbeitgeber nicht einseitig den Arbeitsort ändern (es sei denn, der Arbeitsvertrag enthält eine derartige ausdrückliche Befugnis). Der Arbeitgeber kann also nicht einseitig verlangen, dass der Arbeitnehmer an einem anderen Betriebsort oder sogar im Ausland tätig wird.

Auf die Rechte des Betriebsrats aus § 87 BetrVG in Bezug auf generelle Maßnahmen, die sich auf die Ausgestaltung des Arbeitseinsatzes beziehen, soll hier nicht näher eingegangen werden.

Auch ein geltender Tarifvertrag setzt dem Weisungsrecht Grenzen. Die meisten Tarifverträge enthalten Regelungen über die Arbeitszeit und Vergütungsgruppen. Folglich darf durch das Weisungsrecht nur eine Tätigkeit zugewiesen werden, die der Vergütungsgruppe entspricht, welcher der Arbeitnehmer angehört und nach der er auch bezahlt wird.

Nicht zuletzt hat der Arbeitgeber gesetzliche Grenzen zu beachten. Gesetzes- oder sittenwidrige Weisungen muss der Arbeitnehmer also nicht beachten. So ist z. B. ein Berufskraftfahrer nicht verpflichtet, Weisungen zu befolgen die dazu führen, dass er die Lenkzeiten oder die Arbeitszeitgrenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet. Auch wäre eine arbeitsvertragliche Regelung unzulässig, in welcher sich der Arbeitgeber vorbehält, den Umfang der Arbeitszeit von der Teilzeit- bis zur Vollzeitbeschäftigung und folglich die Vergütung festlegen zu dürfen.

Besonders wichtig und in der Praxis stets zu beachten ist der § 315 BGB. Danach unterliegt jede Weisung der Schranke des „billigen Ermessens“. Dies bedeutet, dass jede Weisung unter Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers einerseits und der betrieblichen Interessen andererseits erfolgen muss. Dieser Grundsatz gilt ganz allgemein für alle Weisungen des Arbeitgebers.

Schließlich setzt die Verfassung den Weisungen des Arbeitgebers Grenzen. Insbesondere sind bei einer Weisung die Grundrechte des Arbeitnehmers zu beachten, z. B. das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Gewissens- und Religionsfreiheit.

C.

 

Gerichtliche Überprüfung

Streitigkeiten über den Umfang und die Rechtmäßigkeit des Weisungsrechts sind in vollem Umfang durch die Arbeitsgerichte überprüfbar. Ist eine Weisung rechtswidrig, darf der Arbeitnehmer deren Befolgung verweigern. Die darauf beruhende Arbeitsverweigerung ist nicht rechtswidrig und berechtigt den Arbeitgeber nicht zum Ausspruch einer Abmahnung oder gar verhaltensbedingten Kündigung. Auch behält der Arbeitnehmer seit der Nichtbeschäftigung seinen Anspruch auf Vergütung. Ist die Weisung aber rechtmäßig, verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch und muss mit einer Abmahnung und im Wiederholungsfall mit einer Kündigung rechnen.

Im Einzelfall sollte daher der Arbeitnehmer – und ggf. auch der Arbeitgeber – den Rechtsrat eines erfahrenen Arbeitsrechtlers einholen.

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