Bewerbungskosten – wer trägt sie?

Wie würden Sie entscheiden?

Eine junge Frau aus München bewirbt sich auf eine Stellenanzeige in einer überregional erscheinenden Tageszeitung. Drei Wochen später erhält sie einen Anruf, der Personalchef in Hannover lade sie zum Vorstellungsgespräch ein. Die Bewerberin sagt spontan und erfreut zu. Das Vorstellungsgespräch findet auch tatsächlich in Hannover statt. Die Bewerberin aus München erhält jedoch eine Absage. Wenige Tage später stellt sie der Firma ihre Reisekosten in Rechnung. Die Firma lehnt die Bezahlung ab unter Hinweis auf die allgemein angespannte Finanzlage und die Vielzahl der Bewerber.

Kann die Münchener Bewerberin Ersatz ihrer Reisekosten verlangen?

Grundsätzlich zahlt der Arbeitgeber die Vorstellungskosten

Immer dann, wenn der Arbeitgeber einen Bewerber oder eine Bewerberin zum Vorstellungsgespräch auffordert, muß er auch die Vorstellungskosten tragen. Durch die Aufforderung zur Vorstellung kommt ein Auftragsverhältnis zustande. Dieses verpflichtet den Auftraggeber (Arbeitgeber) nach § 670 BGB zum Ersatz der Aufwendungen und zwar unabhängig davon, ob ein Arbeitsverhältnis begründet wird oder nicht. Der Erstattungsanspruch besteht auch dann, wenn der Bewerber oder die Bewerberin nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch einen Personal- oder Unternehmensberater zum Vorstellungsgespräch aufgefordert wird. Kein Anspruch auf Ersatz der Vorstellungskosten besteht nur dann, wenn der Bewerber oder die Bewerberin sich beim Arbeitgeber vorstellt, ohne hierzu aufgefordert zu sein. Denn in diesem Fall kommt ja kein Auftragsverhältnis zustande. Die Parteien können auch vereinbaren, daß der Arbeitgeber die anfallenden Vorstellungskosten nicht ersetzt. In diesem Fall sollte aus Beweisgründen der Arbeitgeber von vornherein schriftlich darauf hinweisen, daß er nicht bereit ist, die Vorstellungskosten zu übernehmen.

Höhe des Aufwendungsersatzes

Oft ist zwischen den Parteien streitig, welche Aufwendungen der Arbeitgeber zu ersetzen hat. Maßstab hierfür ist, welche Aufwendung ein vernünftiger Mensch für erforderlich halten durfte. Danach sind die Kosten für Fahrt, Übernachtung und Verpflegung regelmäßig ersatzfähig. Fahrtkosten sind unproblematisch, soweit die Kosten für die Benutzung des eigenen Pkw, der Bahn oder anderer öffentlicher Verkehrsmittel ansteht. Die Höhe des Ersatzes für die Nutzung des eigenen Pkw richtet sich nach den geltenden steuerrechtlichen Vorschriften.

Taxikosten über längere Entfernungen sind regelmäßig nicht notwendig und daher auch nicht zu ersetzen.

Flugkosten sind nur dann erstattungsfähig, wenn sie im Einzelfall niedriger sind als die Kosten für die Benutzung des eigenen Pkw oder der Bahn. Übernachtungskosten sind nur dann ersatzfähig, wenn der Bewerber oder die Bewerberin von weiter her anreisen. Bei der Wahl der Hotel- und Zimmerkategorie sollten die Kosten zu der ausgeschriebenen Stelle in einem angemessenen Verhältnis stehen. Hinsichtlich der Verpflegungskosten gelten ebenfalls die einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften. Der Ersatz von Verdienstausfall wird in der Rechtsprechung abgelehnt. Sofern der Bewerber oder die Bewerberin bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber Urlaub genommen hat, entsteht ja kein Verdienstausfall.

Vereinbarung

Ich empfehle bei der Vereinbarung des Bewerbungsgesprächs auch eine Abrede über den Ersatz der anfallenden Vorstellungskosten zu treffen. Dies gilt insbesondere bei weiter Anreise. Denkbar ist auch, daß der Arbeitgeber erklärt, welche Vorstellungskosten er übernimmt und bis zu welcher Höhe oder welche Vorstellungskosten er nicht erstattet (z.B. Flugkosten und Taxikosten). Der Arbeitgeber kann auch darauf hinweisen, daß er die Vorstellungskosten nur nach den Reisekostenrichtlinien des Unternehmens oder des öffentlichen Dienstes übernimmt. Aus Beweissicherungsgründen sollte dies immer schriftlich geschehen.

Der Anspruch verjährt nach 2 Jahren, § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB

Kostenerstattung durch das Arbeitsamt

Wenn der Bewerber oder die Bewerberin arbeitslos ist, übernimmt das Arbeitsamt unter bestimmten Voraussetzungen den Ersatz der Vorstellungskosten ganz oder zum Teil. Es empfiehlt sich jedoch vor Antritt der Fahrt diese Frage mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Arbeitsamts abzuklären.

Ergebnis

Unsere Bewerberin aus München kann vom Arbeitgeber in Hannover Ersatz sämtlicher Vorstellungskosten verlangen. Dieser hatte sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Das Argument, die Kosten seien zu hoch, zieht nicht. Dann hätte der Arbeitgeber vorher eine Vereinbarung treffen oder die Bewerberin darauf hinweisen müssen, daß er entweder keine oder nur in beschränkter Höhe Vorstellungskosten ersetzt.

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