Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden kann

A.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Betrieb weiterbeschäftigen könnte.

Das Arbeitsgericht überprüft eine betriebsbedingte Kündigung auf zwei Ebenen:

Zunächst muß der Arbeitgeber darlegen, ob tatsächlich dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Kündigung erforderlich machen

Steht fest, daß der Arbeitsplatz nicht erhalten werden kann und eine Kündigung somit aufgrund der betrieblichen Lage grundsätzlich unvermeidbar wäre, muß auf der zweiten Ebene geprüft werden, ob für den betroffenen Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz besteht.

Ist dies der Fall, scheidet eine betriebsbedingte Kündigung aus. Wird sie dennoch ausgesprochen, ist sie eindeutig unwirksam.

B.

Nachfolgend wird erörtert, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen.

a) Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer Kündigung immer prüfen, ob er den Arbeitnehmer nicht doch auf einem vorhandenen freien Arbeitsplatz im Unternehmen weiterbeschäftigen kann.

Eine mögliche Weiterbeschäftigung in einem anderen Konzernbetrieb reicht nicht aus. Das heißt, der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb des Konzerns anzubieten.

b) In der Praxis ist meistens problematisch, ob zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung ein vergleichbarer Arbeitsplatz tatsächlich frei ist.

Arbeitsplätze von vorübergehend abwesenden Mitarbeitern (z.B. wegen Krankheit, Mutterschutz, Elternzeit etc.) sind keine „freien“ Arbeitsplätze.

Hingegen sind Arbeitsplätze, die vorübergehend von Leiharbeitnehmern besetzt sind, grundsätzlich als „freie“ Arbeitsplätze zu berücksichtigen.

Eine Stelle ist auch dann „frei“, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, diese mit einem externen Bewerber zu besetzen. Hier hat der Bestandsschutz des zu kündigenden Arbeitnehmers Vorrang.

Ist die freie Stelle höherwertig, wird also besser bezahlt, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch hierauf. Er hat keinen Anspruch auf eine Beförderung.

c) Ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, ist zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung zu beurteilen. Kann der Arbeitgeber absehen, daß während der Kündigungsfrist – also bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers – eine vergleichbare Stelle frei wird, so ist auch dieser Arbeitsplatz „frei“ und dem Arbeitnehmer anzubieten, bevor ihm gekündigt wird. Gleiches gilt für einen Arbeitsplatz, bei dem bereits feststeht, daß er in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist frei wird.

d) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Stelle zu vergleichbaren Bedingungenanzubieten.

Vergleichbar sind Arbeitsplätze, für die der Arbeitnehmer fachlich und persönlich geeignet ist. Er muß über die erforderlichen Kenntnisse verfügen, ggf. ist der Arbeitgeber aber verpflichtet, den Arbeitnehmer für den veränderten Arbeitsplatz durch Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen zu qualifizieren.

e) Eine Kündigung ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer zu schlechteren Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden könnte und er sich damit einverstanden erklärt hat. In Betracht kommt etwa eine Versetzung auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz oder eine Teilzeitbeschäftigung.

Falls sich der Arbeitnehmer hiermit nicht einverstanden erklärt hat, muß der Arbeitgeber zunächst versuchen, die Weiterbeschäftigung zu verschlechterten Arbeitsbedingungen im Wege der Änderungskündigung durchzusetzen, bevor er das Arbeitsverhältnis durch eine Beendigungskündigung auflöst.

C.

Im Ergebnis darf der Arbeitgeber keine Kündigung aussprechen, wenn eine freie vergleichbare Stelle vorhanden ist.

Kündigt der Arbeitgeber aber, ohne vorher eine Einigung zu erzielen oder eine Änderungskündigung auszusprechen, so ist diese Kündigung unwirksam.

Der Arbeitnehmer sollte dann seine Rechte geltend machen und innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen.

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