Kündigung – Was soll ich tun?

Die ersten Minuten nach einer ausgesprochenen Kündigung durch den Arbeitgeber sind für den Betroffenen ein Schock. Wut, Enttäuschung, verletzter Stolz sind die beherrschenden Gefühle. In dieser Phase ist die Gefahr sehr groß, daß der Chef seine strategisch bessere Position ausnutzt und den Gekündigten über den Tisch zieht.

Nicht selten werden fadenscheinige oder unberechtigte Gründe vorgebracht und der Arbeitnehmer z.B. durch einen unberechtigten Diebstahlsvorwurf massiv unter Druck gesetzt. Wenn der Chef dann noch mit der Polizei droht und der Betroffene schamvoll im Stuhl versinkt, dann kommt überraschend die zweite Phase. Der Chef bietet generös die Auflösung des Arbeitsverhältnisses an mit oder ohne Abfindung. Das Motto lautet dann: „entweder wir kündigen oder Sie unterschreiben diesen Aufhebungsvertrag“. Jetzt heißt es für den Betroffenen äußerste Vorsicht walten zu lassen. Den schlimmsten Fehler den der Entlassene nun machen kann, ist sich überstürzt auf einen Aufhebungsvertrag einzulassen, wie verlockend dieser im ersten Augenblick auch aussehen mag.

Der Chef hat die beiden ersten Phasen genau durchdacht und geplant. Er befindet sich deshalb immer in der besseren Ausgangsposition. Dagegen ist der Gekündigte überrumpelt und verständlicherweise aufgeregt. Er kann in dieser Situation seine Rechte nicht optimal wahrnehmen. Deshalb empfehle ich dringend Bedenkzeit von mindestens 48 Stunden zu verlangen. In dieser Zeit kann der notwendige Rechtsrat eingeholt werden, am besten durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, der sich auf arbeitsrechtliche Probleme spezialisiert hat.

Der Anwalt wird oft nach kurzem Überblick erkennen können, ob die Kündigung Erfolg hätte und das Arbeitsverhältnis ernsthaft gefährdet ist. Viele Kündigungen sind allerdings schon deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Formalien nicht vollständig oder nicht richtig beachtet hat. So sind z.B. bei der Sozialauswahl oder Betriebsratsanhörung eine Vielzahl von Formalien zu beachten. Wenn hier ein Fehler gemacht wird, ist die Kündigung auf jeden Fall unwirksam. Der versierte Anwalt wird zunächst den Willen des Mandanten erforschen. Will dieser seinen Arbeitsplatz erhalten oder lieber das Unternehmen verlassen und eine Abfindung einstreichen? Oftmals hat auch der Arbeitnehmer kein Interesse mehr weiterzuarbeiten wenn die Kündigung erst einmal ausgesprochen ist. Dann wird er den Anwalt beauftragen, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, um eine möglichst günstige Aufhebungsvereinbarung zu treffen. Hier ist Erfahrung und Fingerspitzengefühl gefragt. Der Anwalt wird dem Arbeitgeber kurz schriftlich mitteilen, dass die Kündigung aus bestimmten Gründen unwirksam ist ohne schon alle Karten auf den Tisch zu legen. Gleichzeitig wird er in einem Nebensatz Vergleichsbereitschaft erkennen lassen. Zudem wird er dem Arbeitgeber eine kurze Frist zur Rückantwort setzen, um ggf. die 3-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einhalten zu können. Wenn der Arbeitgeber nun auch Vergleichsbereitschaft signalisiert, ist schon die halbe Miete gewonnen.

In den allermeisten Fällen werden sich die Parteien über die Modalitäten des Aufhebungsvertrages einigen einschließlich dem Beendigungszeitpunkt, der Abfindung und des Zeugniswortlauts.

Falls die Parteien sich nicht über sämtliche Punkte innerhalb von 3 Wochen einigen können, bleibt dem Arbeitnehmer nichts anderes übrig, als seinen Anwalt das Mandat zur Erhebung der Kündigungsschutzklage zu erteilen. Das Arbeitsgericht wird dem Arbeitgeber die Klage zustellen und innerhalb weniger Wochen eine Güteverhandlung ansetzen. Sie dient dazu nach Möglichkeit eine Einigung der Parteien mit Hilfe des Gerichts zu erreichen. Kommt es auch hier zu keiner Einigung, wird der Arbeitsrichter einen weiteren Termin zur streitigen Verhandlung bestimmen, der allerdings erst mehrere Monate später stattfinden wird. Nun wird es darauf ankommen, wer die besseren Karten und stärkeren Nerven hat. Wenn die Kündigung unwirksam ist, wächst für den Arbeitgeber das Risiko, daß er die Arbeitsvergütung für den Arbeitnehmer nachzahlen muß, wenn das Arbeitsgericht später die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen sollte. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer sich beruhigt nach hinten lehnen und die Entscheidung des Arbeitsgerichts abwarten. Denn mit jedem weiteren Monat erhöht sich sein Gesamtanspruch und auch seine mögliche Abfindung. In der Zwischenzeit bezieht er Arbeitslosengeld.

Ist allerdings die Ausgangssituation des Arbeitnehmers zweifelhaft, weil etwa ein anerkannter Kündigungsgrund vorliegt, keine Sozialauswahl stattfindet, weil eine ganze Abteilung geschlossen wird oder kein Betriebsrat existiert und zudem das Arbeitslosengeld auf Dauer nicht ausreicht, dann wird der Arbeitnehmer seine Vorstellungen über eine angemessene Abfindungsregelung revidieren müssen und froh sein, wenn der Arbeitgeber sich überhaupt noch auf eine solche einläßt.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz hat jede Partei die Kosten ihres eigenen Anwalts selbst zu tragen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens (vgl. § 12 a ArbGG). Die meisten Arbeitnehmer haben eine Rechtsschutzversicherung für arbeitsrechtliche Angelegenheiten. Allerdings kann der Arbeitnehmer bei Bedürftigkeit auch Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen. Wenn sie bewilligt wird, ist die Prozessführung kostenlos oder – je nach Bedürftigkeit – sind lediglich kleine Raten an die Staatskasse zu zahlen. Der Anwalt rechnet direkt mit der Staatskasse ab.

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