Relativ neu ist das Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (Beschäftigtenschutzgesetz) vom 24.06.1994.
Ziel des Gesetzes ist die Wahrung der Würde von Frauen und Männern durch Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Zur sexuellen Belästigung gehören Handlungen und Verhaltensweisen, die nach den strafgesetzlichen Vorschriften unter Strafe gestellt sind, also vor allem Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach § 174 bis 184c StGB. Ferner fallen darunter sonstige sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts, Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden. Aber nicht jede Bemerkung oder Obszönität ist schon eine sittliche Verfehlung im Sinne des Beschäftigtenschutzgesetzes.
Die Bundesministerin für Frauen und Jugend, Frau Dr. Angela Merkel, hat in einem Aufsatz berichtet, daß angeblich 72% aller Befragten an ihren Arbeitsplätzen sexuellen Belästigungen ausgesetzt seien. Der Arbeitgeber hat bei sexueller Belästigung die im Einzelfall angemessene arbeitsrechtliche Maßnahme zum Schutz seiner Mitarbeiter zu ergreifen. Dabei hat er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Im Einzelfall kann der Arbeitgeber eine Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung aussprechen.
Die sexuelle Belästigung kann unter Umständen einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund oder gar einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen.
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat entschieden, daß eine außerordentliche fristlose Kündigung nur dann angemessen sei, wenn der Umfang und die Intensität der sexuellen Belästigungen sowie die Abwägung der beiderseitigen Interessen diese Maßnahme rechtfertigen (vgl. LAG Hmm, 22.10.1996, 6 Sa 730/96).
In dem zu entscheidenden Fall hatte ein Arbeitnehmer eine Mitarbeiterin in den Jahren zuvor bereits mehrmals verbal sexuell belästigt und zuletzt auch handgreiflich attackiert. Eine daraufhin ausgesprochene fristlose Kündigung hatte keinen Bestand, während die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom Gericht bestätigt wurde. Das Beschäftigtenschutzgesetz gewährt den Belästigten eine wirksame Waffe, wenn der Arbeitgeber oder Dienstvorgesetzte keine geeigneten Maßnahmen zur Unterbindung der sexuellen Belästigung ergreift. Dann ist (der oder) die Betroffene nämlich berechtigt, ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist (§4 Abs.2 BSchG).
Darüber hinaus kann der Arbeitgeber sogar der Betroffenen gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet sein.