Sind mündliche Arbeitsverträge verboten?
Was Sie über das Nachweisgesetz wissen müssen!
Am 28. Juli 1995 ist das Nachweisgesetz (Nach-WG) in Kraft getreten. Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen. Nach meiner Einschätzung sind Bedeutung und Tragweite nicht hinreichend bekannt.
Was ist neu am Nach-WG? Wesentlicher Inhalt des Nach-WG ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer bis spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche, vom Arbeitgeber unterzeichnete Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen. Bei der Änderung der Arbeitsbedingungen ist der Arbeitnehmer erneut schriftlich zu unterrichten. Sinn und Zweck des Nachweises ist, den Arbeitsvertragsparteien mehr Rechtssicherheit über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zu verschaffen. Grundsätzlich bedarf ein Arbeitsvertrag keiner Form. Er kann schriftlich, mündlich oder auch still- schweigend durch schlüssiges Handeln zustande kommen. War kein schriftlicher Vertrag geschlossen, hatte der Arbeit- nehmer bisher nicht selten erhebliche Beweisprobleme, wenn es Streit um einzelne Vertragsinhalte gab, etwa die Dauer des Urlaubs oder die Höhe von Lohnzulagen. Der Arbeitnehmer mußte dann vor Gericht die nur mündlich getroffene Vereinbarung beweisen, was ihm oftmals nicht gelang.
Durch das Nachweisgesetz sollen diese Beweisprobleme der Vergangenheit angehören. Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer mindestens folgende Bedingungen des Arbeitsvertrages schriftlich nachzuweisen: Name und Anschrift der Vertragsparteien Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer die Angabe des Arbeitsortes die Bezeichnung oder allgemeine Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit die Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit des Arbeitsentgelts einschließlich Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzulagen die regelmäßige wöchent- liche oder tägliche Arbeitszeit die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einen allgemeinen Hinweis auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die auf das konkrete Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.
Bei einem Auslandseinsatz des Arbeitnehmers, der länger als einen Monat dauert, muß die Niederschrift folgende zusätzliche Angaben enthalten: die Dauer der Auslandstätigkeit die; Währung, in der das Arbeitsentgelt ausbezahlt wird; zusätzliche, an den Auslandsaufenthalt gekoppelte Geld- und Sachleistungen; vereinbarte Bedingungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers.
Auch Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen sind dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach der jeweiligen Änderung schriftlich mitzuteilen.
Dies gilt nicht bei einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen.
Sinn dieser Niederschrift ist es, daß die ursprüngliche Niederschrift der Änderung angepaßt und aktualisiert wird um jederzeit die Feststellung der wesentlichen Vertragsbedingungen zu ermöglichen. Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen in denen kein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert, kann der Arbeitnehmer jederzeit den Nachweis verlangen. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall verpflichtet, die Niederschrift innerhalb von zwei Monaten auszuhändigen (bei Leiharbeitsverhältnissen unverzüglich Artikel 6, § 3 b AÜG). Allerdings braucht der Arbeitgeber nicht von sich aus tätig zu werden.
Enthält ein schriftlicher Arbeitsvertrag alle Angaben, erübrigt sich ein zusätzlicher Nachweis.
Die Nachweispflicht gilt nicht für vorübergehende Aushilfstätigkeit, bei geringfügiger Beschäftigung (weniger als 15 Stunden in der Woche und bis zu DM 610,– im Monat) sowie bei Saisonarbeitskräften, Erntehelfern und Studenten in Ferienjobs. Erstellt der Arbeitgeber den Nachweis nicht, so kann der Arbeitnehmer diesen vor dem Arbeitsgericht einklagen und gegebenenfalls einen Schadenersatzanspruch geltend machen.
Ein Schaden kann für den Arbeitsnehmer etwa dann entstehen, wenn ein Anspruch wegen tarifvertraglicher Ausschlußfrist verfallen ist und der Arbeitnehmer den Anspruch nicht kennen konnte, weil der Arbeitgeber den Nachweis auf den anzuwendenden Tarifvertrag versäumt hatte.
Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer möglicherweise das Recht seine Arbeitsleistung bei Weiterzahlung seiner Bezüge einzustellen, indem er von seinem gesetzlichen Zurückbehalt- ungsrecht (§ 273 BGB) Gebrauch macht. Hierzu sind aber – soweit ersichtlich – bisher noch keine höherinstanzlichen Entscheidungen ergangen.
Letztlich empfehle ich jedem Arbeitgeber schon bei Beginn eines Arbeitsverhältnisses einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem neuen Mitarbeiter abzuschließen und diesem jede Änderung unverzüglich schriftlich mitzuteilen.