Arbeitsvertrag – worauf muß ich achten ?

Wenn Sie Ihren ersten Arbeitsvertrag als Arbeitnehmer schließen, dann sollten Sie nicht nur auf die Höhe der Vergütung und die Sozialleistungen achten. Der Arbeitsvertrag regelt eine Vielzahl von gegenseitigen Rechten und Pflichten im Arbeitsverhältnis. Daneben wird durch den Abschluß eines Arbeitsvertrages ein besonderes Vertrauensverhältnis begründet, welches weitere Schutzpflichten für beide Parteien und eine besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers begründet. Nachfolgend informiere ich Sie über die wichtigsten Grundkenntnisse beim Abschluß eines Arbeitsvertrages:

Der Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich einerseits der Arbeitnehmer zur Leistung von Arbeit nach Weisung des Arbeitgebers und andererseits der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Der Arbeitsvertrag ist grundsätzlich formfrei. Er kann also auch mündlich und durch schlüssiges Verhalten begründet werden. Allerdings können Sie als Arbeitnehmer verlangen, daß Ihnen mindestens die wichtigsten Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsvertragesschriftlich abgefaßt und vom Arbeitgeber unterzeichnet ausgehändigt werden (vgl. § 2 Abs. 4 Nachweisgesetz).

Arbeitsverträge enthalten oftmals Ausschlußfristen und zwar entweder ausdrücklich im Arbeitsvertrag selbst oder durch Bezugnahme auf einen geltenden Tarifvertrag. Besonders wichtig ist, daß tarifliche Ausschlußfristen auch dann gelten, wenn sie einer Arbeitsvertragspartei unbekannt sind. Erkundigen Sie sich deshalb gleich bei Arbeitsbeginn nach einem geltenden Tarifvertrag und lassen Sie sich diesen aushändigen!

Die Ausschlußfrist ist eine Verfallfrist. Ein bestehendes Recht erlischt, wenn es nicht innerhalb der Frist geltend gemacht wird (z.B. Bezahlung von geleisteten Überstunden).

Beachten Sie auch, daß das Kündigungsschutzgesetz in Kleinbetrieben, die bis zu 5 Arbeitnehmer beschäftigen, überhaupt nicht gilt. Bei allen übrigen Arbeitsverhältnissen beginnt der Kündigungsschutz erst nach einer Beschäftigungsdauer von 6 Monaten. Deshalb wird oft eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart, in welcher das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von 2 Wochen von beiden Seiten gekündigt werden kann.

Die Ableistung und Bezahlung von Überstunden ist ein altbekanntes Streitthema. Überstunden leisten Sie als Arbeitnehmer, wenn Sie über die für ihr Beschäftigungsverhältnis geltende Arbeitszeit hinaus arbeiten. An sich sind Sie aufgrund des Arbeitsvertrages nicht verpflichtet Überstunden zu leisten, es sei denn, dies ist besonders geregelt. Die meisten Tarifverträge enthalten Regelungen über die Bezahlung der Überstunden und die Höhe der Überstundenzuschläge. Ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, so muß er die beiderseitigen Interessen abwägen und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates beachten. Besteht Streit über die Bezahlung der Überstundenvergütung, muß der Arbeitnehmer im Prozeß den Anfall jeder einzelnen Überstunde nachweisen und darlegen, daß die Überstunden vom Arbeitgeber entweder angeordnet oder zumindest vom Arbeitgeber gebilligt und geduldet wurden. Der Anspruch auf Überstundenvergütung verjährt in zwei Jahren. Unbedingt sind die jeweiligen tariflichen – wesentlich kürzeren – Ausschlußfristen zu beachten.

Der Urlaubsanspruch entsteht erstmals nach einer Wartezeit von 6 Monaten. Danach hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Dieser beträgt mindestens 24 Werktage, also 4 Wochen à 6 Werktage. Kann der Urlaub aus dringenden Gründen nicht innerhalb des Jahres genommen werden, so ist er bis zum 31. März des Folgejahres zu übertragen. Die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers sind bei der zeitlichen Festlegung vom Arbeitgeber zu berücksichtigen. Allerdings sind sie mit denen der anderen Arbeitnehmer abzustimmen. Ein Recht zur Selbstbeurlaubung besteht nicht und kann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen. Während des Urlaubs ist die normale Arbeitsvergütung weiterzuzahlen (Urlaubsentgelt). Viele Firmen gewähren zusätzlich Urlaubsgeld. Ein Anspruch hierauf besteht nur dann, wenn eine Vereinbarung aufgrund des Arbeitsvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder des Tarifvertrages besteht.

Im Arbeitsvertrag kann wirksam eine Vertragsstrafe vereinbart werden. Durch diese verpflichtet sich der Vertragspartner, im Falle der Zuwiderhandlung einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen. Arbeitsverträge enthalten manchmal ein Vertragsstrafeversprechen für den Fall des Nichtantritts zur Arbeit oder Kündigung vor Arbeitsaufnahme. Allerdings muß die Höhe der Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis zum entstandenen Schaden stehen (z.B. ein Monatsgehalt).

Auch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist durchaus üblich und zulässig. Hierdurch verpflichtet sich der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber keine Konkurrenz zu machen. Die Wettbewerbsvereinbarung ist bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig. Der Arbeitgeber ist allerdings verpflichtet, Ihnen als Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen als Entschädigung zu zahlen.

Finanziert der Arbeitgeber die Aus- oder Weiterbildung eines Arbeitnehmers, so ist es üblich, daß er eineRückzahlungsklausel vereinbart. Durch diese Rückzahlungsklausel verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Erstattung eines Teils oder der gesamten Kosten, die dem Arbeitgeber für die Bildungsmaßnahme entstanden sind, wenn der Arbeitnehmer vor einem vereinbarten Zeitpunkt aus dem Unternehmen ausscheidet. Rückzahlungsklauseln unterliegen einer besonderen Inhaltskontrolle. Es muß sich um eine betriebsbezogene Bildungsmaßnahme handeln, die zu einem geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer führt. Darüber hinaus ist die jeweilige Bindungsdauer entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigt z.B. eine Ausbildungszeit von bis zu einem Jahr eine Bindungsdauer bis zu drei Jahren.

Ein Arbeitsvertrag kann insgesamt oder in einzelnen Teilen gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (z.B. Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von Männern und Frauen). Sind nur einzelne Regelungen rechtswidrig, so ist in der Regel nicht der gesamte Vertrag nichtig, weil dadurch der Arbeitnehmerschutz beseitigt würde. Die unwirksame Regelung wird statt dessen durch eine gesetzliche oder tarifliche Bestimmung ersetzt. Das Arbeitsverhältnis als solches bleibt bestehen.

Der Arbeitsvertrag kann auch gegen die guten Sitten verstoßen, z.B. wenn nur eine rein erfolgsabhängige Vergütung vereinbart ist oder ein auffälliges Mißverhältnis zur üblichen Vergütung besteht. Auch in diesen Fällen wird die unwirksame Regelung durch eine gesetzliche oder tarifliche Bestimmung ersetzt.

In der Praxis ist die Anfechtung des Arbeitsvertrages von besonderer Bedeutung. Der Arbeitgeber kann z.B. den Arbeitsvertrag (unabhängig von der fristlosen Kündigung) anfechten, wenn er über verkehrswesentliche Eigenschaften des Arbeitnehmers geirrt hat (z.B. Vorstrafe wegen eines Vermögensdeliktes bei der Bewerbung als Bankkassierer). Das gleiche gilt, wenn Sie als Arbeitnehmer bei Ihrer Anstellung eine zulässig gestellte Frage bewußt falsch beantwortet oder eine Tatsache verschwiegen haben obwohl Sie erkennen mußten, daß diese verschwiegene Tatsache für die Begründung des Arbeitsvertrages bedeutsam war. Wurde der Arbeitsvertrag wirksam angefochten, so wirkt die Anfechtung nur für die Zukunft und führt zu einer sofortigen Aufhebung der beiderseitigen Vertragspflichten.

Es kommt durchaus vor, daß Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung nicht oder nicht in voller Höhe auszahlen. Für diesen Fall haben Sie als Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten: Sie können das Arbeitsverhältnis kündigen oder Sie machen von Ihrem gesetzlichen ZurückbehaltungsrechtGebrauch.

Denn das Arbeitsverhältnis ist ein gegenseitiges Schuldverhältnis. Nach § 273 BGB hat der Schuldner das Recht, seine Leistung zu verweigern, bis der Gläubiger die ihm obliegende und fällige Leistung erbracht hat. Dies bedeutet für Sie als Arbeitnehmer, daß Sie Ihre Arbeitsleistung so lange verweigern können, bis der Arbeitgeber die rückständige (und fällige) Arbeitsvergütung gezahlt hat. Dies hat den Vorteil, daß Sie bei rechtmäßiger Ausübung des Zurückbehaltungsrechts auch für die Zeit der Arbeitsverweigerung Ihren Vergütungsanspruch behalten. Sie sollten Ihren Arbeitgeber allerdings schriftlich darauf hinweisen, daß Sie Ihr gesetzliches Zurückbehaltungsrecht bis zur Bezahlung der ausstehenden Vergütung ausüben. Ihrem Arbeitgeber steht deswegen kein Recht zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung zu.

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