Surfen am Arbeitsplatz – Kündigung wegen privater Internetnutzung

In den letzten Monaten sind zwei wichtige arbeitsgerichtliche Entscheidungen ergangen. Es handelte sich um die Frage, ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers außerordentlich fristlos kündigen durfte, weil der Arbeitnehmer das Internet privat nutzte.

1. Das Arbeitsgericht Wesel hatte darüber zu entscheiden, ob eine 80 bis 100 stündige Privatnutzung des Internets im Laufe eines Jahres eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Hier sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum privaten Telefonieren am Arbeitsplatz entsprechend heranzuziehen. Danach gilt folgendes: Nutzt ein Arbeitnehmer entgegen eines ausdrücklichen Verbots des Arbeitgebers das Internet privat, so stellt dies zunächst eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, die eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Anders ist es, wenn der Arbeitgeber die private Internetnutzung genehmigt oder über einen längeren Zeitraum hinweg widerspruchslos geduldet hat. In diesen Fällen kommt eine Kündigung nur in Ausnahmefällen in Betracht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Privatnutzung in einem Ausmaß erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgehen kann, der Arbeitgeber sei hiermit einverstanden.

In dem hier zu entscheidenden Fall war das Arbeitsgericht Wesel der Auffassung, der Arbeitnehmer habe nicht ohne weiteres von der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ausgehen müssen. Deshalb sei eine außerordentliche Kündigung eine überzogene Reaktion des Arbeitgebers. Dies gelte insbesondere bei Einführung der Internetnutzung. Hier müsse sich der Arbeitnehmer quasi spielerisch mit dem Internet vertraut machen. Dies schließe nicht aus, daß der Arbeitnehmer das Internet auch zu privaten Zwecken vorübergehend nutze. Der Arbeitgeber hätte richtigerweise den Arbeitnehmer abmahnen und ihn so auf den Arbeitsvertragsverstoß hinweisen müssen. Die erhobene Kündigungsschutzklage hatte Erfolg, weil der Arbeitgeber sofort eine -unzulässige- außerordentliche Kündigung ausgesprochen hatte (vgl. Arbeitsgericht Wesel, Urteil vom 21.03.2000, Az.: 5 Ca 4021/00).

2. Anders lag der Fall, über den das Arbeitsgericht Düsseldorf zu entscheiden hatte. Hier hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die private Nutzung des Internets getroffen. In dieser Vereinbarung war u.a. geregelt, daß die Speicherung von Dateien mit gesetzwidrigem, rechtsradikalem und pornographischem Inhalt untersagt war. Dennoch hatte der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Dateien mit pornographischem Inhalt in erheblichem Umfang heruntergeladen und auf dem betriebseigenen PC gespeichert. Weiter wurde dem Arbeitnehmer zum Vorwurf gemacht, er habe über seine geschäftliche E-Mail-Adresse Kontakte mit Prostituierten geführt. Auch hier sprach der Arbeitgeber eine außerordentliche fristlose Kündigung aus. Der Arbeitnehmer verteidigte sich mit der Argumentation, der Arbeitgeber habe bezüglich der E-Mails unzulässig in seine Privatsphäre eingegriffen. Im übrigen hätte der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hielt die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses allerdings für gerechtfertigt.

Zur Begründung führte das Arbeitsgericht Düsseldorf aus, die Rechtsprechung hätte in der Vergangenheit Kündigungen grundsätzlich für gerechtfertigt gehalten, wenn Arbeitnehmer unberechtigt Privattelefonate geführt hätten. Hier habe der Arbeitnehmer wegen der getroffenen Vereinbarung über die Unzulässigkeit der Internetnutzung bei pornographischem Inhalt davon ausgehen müssen, daß der Arbeitgeber dieses Verhalten ausdrücklich mißbillige. Deshalb sei hier keine Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung erforderlich gewesen. Es handele sich um eine Störung im Vertrauensbereich. Eine Abmahnung sei bei einer Störung im Vertrauensbereich nur dann erforderlich, wenn es sich um eine schwere Pflichtverletzung handele, deren Rechtswidrigkeit der Arbeitnehmer ohne weiteres erkennen konnte und dessen Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen sei. Der Arbeitnehmer konnte hier nicht davon ausgehen, daß der Arbeitgeber damit einverstanden war, daß er Dateien mit pornographischem Inhalt in erheblichem Umfang auf dem Betriebs-PC speichert. Dem stehe schon die Nutzungsvereinbarung entgegen. Das Arbeitsgericht prüfte noch, ob eine Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den Arbeitsvertragsparteien erwartet werden konnte und verneinte dies. Deshalb war eine Abmahnung entbehrlich. Auch die stets gebotene Interessenabwägung bei Anspruch einer außerordentlichen Kündigung führte zu keinem anderen Ergebnis. Der Arbeitnehmer war alleinstehend, hatte also keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen, das Arbeitsverhältnis hatte nur 1,5 Jahre gedauert. Im übrigen war der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz weitgehend der Kontrolle durch den Arbeitgeber entzogen. Der Arbeitgeber müsse sich darauf verlassen können, daß seine Abwesenheit nicht ausgenutzt und die vertrauensvolle Zusammenarbeit derart gestört werde (vgl. Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.08.2001, Az.: 4 Ca 3437/01). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung: Angesichts der nahezu 4 Millionen Arbeitslosen in Deutschland sollte sich jeder Arbeitnehmer überlegen, ob er auf Kosten des Arbeitgebers privat im Internet surft. Die Arbeitsvertragsverletzung besteht nicht nur in den Kosten der Internetverbindung sondern vor allem darin, daß der Arbeitnehmer in dieser Zeit privat – und nicht geschäftlich – tätig wird, aber seine Arbeitszeit bezahlt haben will ……………

Einem Arbeitgeber kann nur empfohlen werden, mit dem Betriebsrat oder einzelvertraglich eine Regelung über die Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit zu treffen.

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