Zeugniscodes und Geheimzeichen
Jeder, der ein Arbeitszeugnis ausstellt und jeder, der ein Arbeitszeugnis erhält, sollte sich im klaren darüber sein, daß das Zeugnis besser klingt, als es gemeint ist.
In der Praxis hat sich im Laufe der Jahre eine gewisse Zeugnissprache herausgebildet. Der Grund liegt darin, daß Zeugnisse einerseits wahr, andererseits wohlwollend formuliert sein sollen, um den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen nicht unnötig zu behindern.
Da ein Zeugnis keine negativen Formulierungen enthalten darf, wurden zahlreiche Techniken entwickelt, die in verschlüsselter Form negative Aussagen enthalten können. Am bekanntesten ist der Standardcode für die Leistungsbewertung entsprechend der Schulnoten:
Note 1 (sehr gut) "Stets zur vollsten Zufriedenheit"
Note 2 (gut) "Stets zur vollen Zufriedenheit" oder "Zur vollsten Zufriedenheit"
Note 3 (befriedigend) "Zur vollen Zufriedenheit"
Note 4 (ausreichend) "Zur Zufriedenheit" oder "zufriedenstellend"
Note 5 (mangelhaft) "Insgesamt (weitgehend) im großen und ganzen zur Zufriedenheit"
Note 6 (ungenügend) "Hat sich stets bemüht ... zur Zufriedenheit zu erfüllen"
Insgesamt kann festgestellt werden, daß keine Zeugniskomponente neutral ist, angefangen von der Art des verwendeten Briefpapiers, über die Reihenfolge und Beschreibung der Aufgaben bis hin zu äußerst differenzierten Ausdrucksformen der Leistungsbewertung und des Sozialverhaltens. Selbst im Schlußsatz und in der Art der Unterschriftsleistung können versteckte Hinweise für einen kundigen Zeugnisleser verborgen sein. Nachstehend gebe ich Ihnen einige Kostproben der Zeugnissprache und des Zeugniscodes.
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